Als ich den Artikel "Gedenken an die Juden von Judenburg" vom 28./29. Dezember 2019 gelesen habe, war von der Art der Aufbereitung der Geschichte der Stadt und das Engagement der Schülerinnen und Schülern begeistert. Aus diesem Grund möchte ich meinen Blog nutzen, um dem Projekt mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Zum Schulprojekt
Das Schulprojekt "Ein Mahnmal zur Erinnerung an die Juden Judenburgs" startete in den Schuljahren 2014/15 und 2015/16 mit Schülerinnen und Schüler der sechsten und siebenten Klassen. Ihr Anliegen war die Vermittlung, dass Geschichte nicht nur abgeschlossene Vergangenheit ist, sondern auf vielfache Weise gegenwärtiges Denken und Handeln und damit nicht unmaßgeblich Zukunft bestimmt. Im Fokus stand die Auseinandersetzung mit der mittelalterlichen und der damit eng verbundenen Namensgeschichte Judenburgs sowie die Geschichte mit der 1938 gewaltsam ausgelöschten neuzeitlichen jüdischen Gemeinde Judenburgs, deren einstige Existenz bis heute nirgendwo ihren Erinnerungsort in Judenburg hat. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde vor ihrer gewaltsamen Vertreibung und Auslöschung durch die Nationalsozialisten (1938) wird in der Geschichtsschreibung der Stadt kaum erwähnt. Das BG/BRG Judenburg möchte gemeinsam mit dem Stadtmuseum Judenburg und der Zwi Perez Chajes-Schule in Wien an die jüdische Gemeinde erinnern. Als Standort für das Mahnmal wurde eine Fläche der Messerschmiedgasse (im Zentrum der Stadt) ausgewählt. Äußerst interessant ist, dass die Wahl des Standortes ebenfalls einen hohen symbolischen Wert hat. Die Messerschmiedgasse verbindet die Heiligengeist-Gasse, die mittelalterliche Judengasse mit der Kaserngasse, in der das jüdische Leben Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufblühte. Die Heiligengeist-Gasse war nicht nur der Wohnort der meisten Judenburger Jüdinnen und Juden im späten Mittelalter, hier befand sich bis 1496, bis zur Vertreibung der Jüd/innen aus Judenburg, auch das religiöse und soziale Zentrum der jüdischen Gemeinde: die mittelalterliche Synagoge. Als sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder Jüdinnen und Juden in der Stadt ansiedelten, war es vor allem die Kaserngasse, die als bevorzugter Wohn- und Geschäftsstandort eine Art „jüdisches Viertel“ bildete.
Zum Mahnmal
Wie man dem Bild entnehmen kann, handelt es sich um zwei massive ellipsenförmige Betonringe. Einer der beiden Ringe symbolisiert die mittelalterliche Gemeinde und der andere symbolisiert die nach der rechtlichen Gleichstellung der Juden im Habsburgerreich ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zur Zerstörung und Auslöschung 1938 im obersteirischen Judenburg existierende jüdische Gemeinde. In beide Ringe sind Stahlplatten eingelassen, in welche die Namen der urkundlich aus dem Mittelalter überlieferten und der von den Nationalsozialisten vertriebenen und ermordeten Juden und Jüdinnen eingefräst sind. Man muss das Innere der Ringe betreten, um die Namen im Gegenlicht lesen zu können. Die Namenslisten sind nicht vollständig, aus dem Mittelalter sind nur wenige Namen bekannt, und auch die Opfer der Konzentrationslager dürften nicht alle erfasst worden sein. Nach aktuellem Forschungsstand geht man von 47 Opfern des NS-Terrors aus.
Links:
https://mahnmaljudenburg.wixsite.com/mahnmal-judenburg/mittelalter
https://www.derstandard.de/story/2000112708561/gedenken-an-die-juden-von-judenburg