Frauenbewegung

Auguste Fickert

 

Hallo meine lieben Leser und Leserinnen  , 

 

ich hoffe, dass ihr eure Ferien oder euren Urlaub genießt. 

 

Letztes Semester habe ich mich im Rahmen eines Bachelor-Seminars an der Universität Wien mit dem Thema Feminismus auseinandergesetzt. Dabei bin ich auf Auguste Fickert, Pionierin der ersten österreichischen Frauenbewegung, gestoßen. Die Bachelor-Arbeit wurde von mir und meiner lieben Kollegin Andrea Heiden verfasst und beschäftigte sich mit der medienwirksamen Gestaltung und Beeinflussung der österreichischen Frauenbewegung durch Auguste Fickert. Die eine Hälfte unserer Arbeit widmete sich den Protagonistinnen Auguste Fickert und Erica Fischer, der zweite Teil bezieht sich auf die aktuelle Präsenz der Frauenbewegung in der Schule. Dabei haben wir neben einer Schulbuchanalyse, Interviews mit Deutsch- und Geschichtelehrer/innen sowie mit Schülerinnen und Schüler geführt. Leider hat uns das Ergebnis dieser Forschung enttäuscht und schockiert. Die befragten Leherinnen und Lehrer thematisieren kaum Auguste Fickert oder das Thema Feminismus/österreichische Frauenbewegung. 

Aus diesem Grund schreibe ich in diesem Blog wissenswertes über Fickert. 

Sollte allgemeines Interesse an der ersten und zweiten österreichischen Frauenbewegung bestehen, bitte ich euch mich zu kontaktieren. 

 

Auguste Fickert
Auguste Fickert

 

Auguste Fickert wurde am 25. Mai 1855 in Wien geboren und starb am 9. Juni 1910 in Maria Enzersdorf. Sie besuchte in Burghausen, Bayern die Klosterschule “Englisches Fräulein“. Aufgrund ihrer leidenschaftlichen Frömmigkeit, bekam sie als Auszeichnung den Rang eines „Marienkindes“ verliehen. Dies ist besonders interessant, da sie im Erwachsenenalter als Feministin aus der katholischen Kirche austrat, was für eine Lehrerin der damaligen Zeit skandalös war. Die Klostererziehung beeinflusste deutlich das Leben von Fickert. Sie erwarb Eigenschaften, die besonders in ihrem späteren Leben zur Geltung kamen: „Strenge gegen sich selbst, Milde und einfühlendes Verständnis für den Nebenmenschen; ein fanatisches Bedürfnis nach sittlicher Reinheit und das grübelnde Eindringen in schwierige Fragen bis zur letzten Schlussfolgerung.“ *(Zitat von Dora Leon) 

Auguste Fickert besuchte die vierjährige staatliche Lehrerinnenbildungsanstalt St. Anna in Wien, weil dies die einzige Bildungsstätte der damaligen Zeit für Mädchen war. Alle anderen Bildungseinrichtungen waren für Mädchen unzugänglich. Aus diesem Grund beschloss sie, Lehrerin zu werden. Außerdem sah sie diese Ausbildung als Vorbereitung für ihren eigentlichen Berufswunsch, der Schauspielkarriere. Diesen Traumberuf musste sie aufgeben, weil ihr Vater sehr früh verstorben ist und sie mit ihrem Lehrerinnengehalt für ihre Familie sorgen musste. Trotz des immer aufrechtgebliebenen Wunsches Schauspielerin zu werden und des mangelnden Interesses dem Lehrberuf gegenüber, blieb sie bis zu ihrem Tod dem Lehrerin-Dasein treu.

Fickert musste wegen dem Lehrberuf ledig bleiben, denn das damalige Lehrerinnenzölibat in Österreich verbot eine Heirat der Lehrerinnen. Sie begann ihre Karriere als Lehrerin 1876/77 an einer Volksschule in Wien. In dieser Volksschule blieb sie 23 Jahre lang und wechselte 1899 an die Volksschule in der Grünentorgasse. 1882 schloss sie sich dem „Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen Österreichs“ an. Dieser Verein organisierte Diskussionsabende und Versammlungen, welche die Missstände der Schulpolitik thematisierten. Im Rahmen dieser Diskussionsabende und Versammlungen engagierte sich Fickert besonders an der Debatte um die Diskriminierung der Lehrerinnen gegenüber ihren männlichen Arbeitskollegen. Die politische Machtlosigkeit der Frauen machte Fickert besonders zu schaffen. Eventuell war dies der Anlass für das Anstreben einer feministischen Karriere. Dies war jedoch nicht das einzige schulpolitische Thema, welches Auguste Fickert keine Ruhe ließ. Aus persönlichen Gründen widmete sie sich der Beziehung zwischen der Schule und der Kirche. Ihrer Meinung nach sollte es zwischen der Kirche und der Schule eine strenge Trennung geben. Sie unterstützte den Gedanken einer „inkonfessionellen Schule“, bei der die Religionsbekenntnisse gleichberechtigt parallel Platz haben.

Auguste Fickert war eine ziemlich selbstbewusste Frau und äußerte ihre Meinung zu bestimmten Themen öffentlich. Unter den gesellschaftlichen Bedingungen des späten 19.Jahrhunderts führten die Äußerungen bezüglich des schulpolitischen Themas und anderen Themengebieten zu zahlreichen Disziplinarverfahren der Schulbehörde gegen Auguste Fickert. Sie wurde unter anderem der "Religionsstörung" angeklagt, weil sie sich öffentlich gegen den sogenannten Schulgebetserlass ausgesprochen und sich dabei auf die in der Verfassung garantierte Glaubensfreiheit berufen hatte. Damals waren alle Schulen noch verpflichtet vor dem Beginn und nach dem Ende des täglichen Unterrichts ein Schulgebet zu verrichten. Darüber hinaus hatte sie das Schulsystem allgemein kritisiert, was ihr Gehaltskürzungen einbrachte. Erwähnenswert ist auf jeden Fall, dass nie ihre fachliche Qualifikation, sondern immer nur ihr selbstbewusstes Auftreten kritisiert wurde.

Fickerts endgültiger Eintritt in die Politik erfolgte, als das niederösterreichische Landesparlament im Oktober 1888 beschloss, den steuerzahlenden Frauen das Wahlrecht zum Landesparlament wieder zu entziehen. Sie nahm am Protest des „Vereins der Lehrerinnen und Erzieherinnen Österreichs“ teil und sammelte mit ihren Gleichgesinnten Unterschriften gegen diesen Beschluss. Ab diesem Zeitpunkt wurde sie zu einer der Vorkämpferinnen für ein allgemeines, gleiches und direktes Wahlrecht für Männer ebenso wie für Frauen. Fickert blieb politisch aktiv, trat aber selbst nie einer politischen Partei bei. Neben dem „Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen Österreichs“, engagierte sich Auguste Fickert ab 1898 im „Zentralverein der Wiener Lehrerschaft“ und ab 1900 im „Arbeiterinnen-Bildungsverein“. Zeitgleich schrieb sie für in- und ausländische Zeitschriften Artikel über Frauenfragen. Sie setzte sich für das Frauenwahlrecht und für eine Reform des Ehe- und Familienrechtes, für die Zulassung der Frauen zum Hochschulstudium, für die Schulreform und die Unentgeltlichkeit des Unterrichtes ein.

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Solltet ihr mehr zu ihrer Biografie lesen wollen, würde ich euch die unten angeführte Literatur empfehlen. Alle Werke kann man in der Bibliothek der Universität Wien ausborgen. Einige sind sogar, dank U:Access, online aufrufbar. 

 

* Hanna Hacker, Fickert, Auguste (1855-1910). In: A biographical dictionary of women’s movements and feminisms. Central, Eastern und South Eastern Europe. 19th and 20th Centuries (CEU press, Budapest 2006). 

 

* Dora Leon, Auguste Fickert. In: Frauenbilder aus Österreich. Eine Sammlung von zwölf Essays (Wien 1955).

 

* Renate Flich, Der Fall Auguste Fickert - eine Lehrerin macht Schlagzeilen. In: Wiener Geschichtsblätter (Wien 1990).

 

* Tanja Paar, Unbekümmert um den Sturm der Entrüstung. In: der Standard, 03.08.2015, <derstandard.at/2000012606756/Auguste-Fickert-Unbekuemmert-um-den-Sturm-der-Entruestung> (08.05.2018).

 

* Bärbel Kuhn, Familienstand: ledig – Ehelose Frauen und Männer im Bürgertum (1850-1914) (Böhlau Verlag, Köln 2002).

  

Feministische Medien

Die vom „Allgemeinen Österreichischen Frauenverein“ (AÖFV) publizierten Zeitschriften Dokumente der Frauen  und Neues Frauenleben sowie das erste monatlich publizierte Presseerzeugnis des Vereins zählten zum Sprachrohr Auguste Fickerts. 

Der „Allgemeine Österreichische Frauenverein“ wurde im Jänner 1893 gegründet und engagierte sich besonders für die Beseitigung des §30 des Vereinsgesetzes, für eine verbesserte Rechtsstellung der Frau innerhalb der Familie sowie für die Gleichberechtigung von Frauen mit Männern in Bildung und Beruf. Außerdem war der Frauenverein die erste Organisation, die sich für ein allgemeines, direktes und gleiches Wahlrecht einsetzte. Ein weiteres Anliegen des Vereines war der Acht-Stunden-Arbeitstag. Zum Vorstand des AÖFV zählten Marie Lang und Rosa Mayreder; letztere wurde später auch Vizepräsidentin. Der „Allgemeine Österreichische Frauenverein“ bediente sich nicht den Mitteln der Straßendemonstrationen, sondern beispielsweise an den Reichsrat gerichtete Petitionen und der Mittel der Publizistik.

So erschien seit 1911 die Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht, herausgegeben von Ernestine von Fürth, die 1905 ein Frauenstimmrechtskomitee ins Leben rief, welchem die vereinsrechtliche Anerkennung durch die niederösterreichische Statthalterei naturgemäß unter Hinweis auf §30 des Vereinsgesetzes versagt geblieben war.

Auguste Fickert gründete mit Marie Lang und Rosa Mayreder 1899 die Zeitschrift Dokumente der Frauen, welche zweimal im Monat erschien. Inhaltliche Schwerpunkte lagen um das Ringen der Frauengleichberechtigung, insbesondere in rechtlicher Hinsicht und soziale Probleme der Frauen. Die liberalen Frauen forcierten ein neues Frauenselbstverständnis, welches die Verpflichtungen gegenüber der Familie als Ehe- und Hausfrau im traditionellen Verständnis neu definieren sollte. Die Zeitschrift wurde besonders aufgrund der Sachlichkeit, Seriosität und des hohen Niveaus ihrer Beiträge geschätzt. Da die Herausgeberinnen Fickert und Mayreder gegen Ende 1899 Meinungsverschiedenheiten hatten, beendeten sie ihre Zusammenarbeit. Marie Lang gab die Zeitung, nicht als Organ des AÖFV, jedoch bis 1902 weiterhin heraus. 1902 publizierte Auguste Fickert die neue Zeitschrift des AÖFV, das Neues Frauenleben, allerdings bewahrte sie weniger die Sachlichkeit. Auch die Themenauswahl stand nicht mehr in direkter Verbindung mit der Frauenbewegung, sondern thematisierte Angelegenheiten des alltäglichen Lebens, wie zum Beispiel die Preiserhöhung der Lebensmittel, was indirekt auch die Frauen betraf. Die Monatszeitschrift Neues Frauenleben erschien ab 1902. Sie war das Organ der freiheitlichen Frauen Österreichs und verfolgte überparteilich ähnliche Ziele wie die Zeitschrift Dokumente der Frauen. Außerdem war sie teilweise solidarisch mit den Sozialdemokratinnen.

 

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Weiterführende Literatur zu den journalistischen Medien 

 

* Johanna Gehmacher, Natascha Vittorelli, Wie Frauenbewegung geschrieben wird: Historiographie, Dokumentation, Stellungnahmen, Bibliographien (Löcker Verlag, Wien 2009).

 

* Matthias Karmasin, Christian Oggolder, Österreichische Mediengeschichte. Band 1: Von den frühen Drucken zur Ausdifferenzierung des Mediensystems (1500 bis 1918) (Springer Verlag, Wiesbaden 2016).

 

* Hanno Rebhan, Entwicklung zur Demokratie in Österreich. Verfassung, Kampf um Gleichstellung und Demokratiedebatten in der Habsburgermonarchie (1867-1918). In Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum, Bd. 24. Verlag. Reihe: Geschichtswissenschaft (Marburg 2014).

Erinnerung an Fickert

 

Das Denkmal, 1929 vom Bildhauer Frank Seifert erschaffen, befindet sich im Türkenschanzpark im 19. Wiener Bezirk und beinhaltet die Inschrift: „Voll Mut und Tatkraft hat sie ihr Leben hohen Idealen dargebracht“, die von ihrer jahrelangen Kollegin Rosa Mayreder verfasst wurde.

 

Zwischen den Zeilen der Publikationen über Auguste Fickert kann man die Dankbarkeit für ihre Taten lesen. Sie wird stets als Pionierin der ersten Frauenbewegung erwähnt und war die Vorkämpferin vieler Rechte, die wir Frauen heute als selbstverständlich erachten. Demgemäß bestätigt die Inschrift des Denkmales die Darstellung Fickerts in heutigen Publikationen.